Michael Hartmann: „AutoGeher“

Unrast Verlag, Münster 1998

Erhältlich in der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, Signatur „/AR 12500 H333“

Der Autor berichtet in dem Buch von seinen Aktionen gegen die Übermacht des Autos:

  • Carwalking, d.h. wenn ein Auto auf dem Gehweg parkt, läuft man einfach darüber, anstatt einen Umweg zu gehen.
  • Kreuzung-in-der-Diagonalen-gehen
  • Autos vom Bürgersteig heben
  • Straßengehen, d.h. gehen auf der Straße anstelle des Bürgersteiges

S. 172
Ich erwartete, daß viele BürgerInnen, angeregt durch eine Vielzahl von AktivistInnen, sich auch getrauen würden, endlich ihr Vorgangsrecht vor den Autos wahrzunehmen, sich nicht mehr so in ihrem Bewegungsdrang einschränken zu lassen.

S. 176
Einiges über die BürgerInnenbeteiligung, zum Beispiel im Agenda 21 Prozeß, und was jedeR einzelne BürgerIn für eine nicht mehr so vom Autoverkehr bestimmte Stadt machen kann:

Sie (die BürgerInnen) werden auch Kreuzungen in der Diagonalen gehen.
Und sei es, wenn grad mal kein Auto kommt. Viele Menschen im Kreuzungsbereich fordern die AutofahrerInnen zu größerer Achtsamkeit auf!

Mensch kann die Straße bei FußgängerInnenrot so lange betreten, wie die AutofahrerInnen noch kein Grün erhalten haben. Ist m.a.n. auf der Straße und sie dürfen losfahren, so können sie halt nicht gleich wie gewohnt auf’s Gas treten…

An den beampelten FußgängerInnenüberwegen werden nur wenige damit beginnen, diese bei Rot oder in der Diagonalen zu begehen. Hat aber einmal wer damit angefangen, sind es viele, die es ihm gleichtun! Die Kreuzung wird sich auf einmal in einen von regem FußgängerInnenverkehr beschrittenen Platz verwandeln.

S. 182 ff.

Was kann man als Fußgängerin sonst noch gegen die Autos machen?

Zum Beispiel mit zwei Koffern auf der Straße gehen (bei engem BürgerInnensteig). Dafür darf m.a.n. [Mensch, Frau, Mann] auch keinen Bußgeldbescheid bekommen. Denn wenn mensch die Wahl hat, immer wieder stehenzubleiben, um entgegenkommenden Menschen nicht in die Quere zu kommen oder eben auf der Straße unbeirrt seines Weges zu gehen, so ist es doch selbstverständlich, daß m.a.n. den für Transportzwecke erfundenen Weg geht. So, wie heute noch in einigen Städten Asiens: Dort darf der nichtmotorisierte Mensch zumindest noch die rechte Fahrspur für sich in Anspruch nehmen…
Mit Brettern, Balken auf der Straße gehen, denn auf dem BürgerInnensteig ist die Konfrontation mit den PassantInnen oftmals unausweichlich.
Straßenschilder vom BürgerInnensteig auf die Straße stellen. Denn Straßenschilder sind keine BürgerInnensteigschilder und haben deshalb dort nichts zu suchen! Ich selbst befördere zur Zeit im Durchschnitt zwei Schilder am Tag mit Sockel auf die Straße, um dadurch den BürgerInnensteig begehbarer zu machen. Ebenfalls Radabstellanlagen auf die Straße, denn Fahrräder sind Fahrzeuge und für Fahrzeuge ist die Straße (noch) da.
[..]

Was für Aktionen kann mensch machen, hast Du da irgendwelche Vorstellungen?

Zebrastreifen so langsam gehen, daß es sich staut. Und jede Minute, alle 30 oder 15 Sekunden mit freundlichem Lächeln ein Auto durchfahren lassen. Mensch kann damit das Vorgangsrecht an solchen FußgängerInnenüberwegen einmal recht deutlich praktizieren. Bei einer 10 Meter breiten Hin-/Rückstraße genügen zwei Personen, die sich auf diesem Zebrastreifen treffend kurz grüßend unterhalten und immer wieder verabschieden, trotzdem aber nicht voneinander loskommen.

Veranstaltung: Affen im Kreuzungsbereich. Was würden außerirdische Affen, die mit einem Raumschiff hierherkommen, mit den Autos machen, wie würden sie sich verhalten? Vielleicht haben sie viele Blumen mitgebracht oder aber zermatschte Bananen. In Berlin haben etwa sechs Kostümierte durch bewerfen der Autos mit weichem Sand für einige Verwirrung gesorgt. Sie hupften immer unkontrolliert auf der für Menschen gedachten Straße umher und verhinderten so ein ungestörtes Vorwärtskommen der Blechlawine. Ein Künstler hatte das organisiert..

Veranstaltung: Auto auf’m BürgerInnensteig, Umleitung auf die Straße mit Hütchen und Schulwegsichern. Wenn ein Auto auf’m BürgerInnensteig steht, so kann mensch von der letzten Einfahrt vor dem Hindernis mit rot/weiß gestreiften Hütchen eine Umleitung auf die Straße abmarkieren (eine Fahrspur), um dann die PassantInnen in der Kleidung von Schulwegsicherern sicher um das Automobil herumzuleiten.

Was ist mit den Kindern, wenn die das nachmachen? [Die Aktionen des Autors, z.B. konsequent bei rot gehen]
Die Kinder in der heutigen Großstadt werden von Geburt an auf das Leben im Straßenverkehr vorbereitet.
Noch an Mutters Brust wird ihnen gesagt: „So, jetzt müssen wir warten. Die Ampel steht auf Rot.“ Sitzt das Kind dann im ‚Buggy‘, so heißt es wieder: „Nein, schau, es ist rot. Wenn das grüne Männchen kommt, dann dürfen wir gehen!“
Und wenn die Kinder älter werden (ab drei Jahren), so machen sie bereits die Erwachsenen auf die von ihnen aufgestellten Regeln aufmerksam: „Guck mal, Mami, der geht bei Rot – das darf der gar nicht!“
Mensch muß den Kleinen natürlich sagen, daß es solche Menschen gibt, die das Rotlicht mißachten. Diese können aber über die Autos hinüberschauen, was ein kleines Kind eben noch nicht kann! Und das versteht einE JedeR unserer ErdenbürgerInnen…

Verkehrswende für Darmstadt