Auszüge aus einem Interview mit dem Stadtplaner Jan Gehl, der in Kopenhagen wirkt.
Das Interview ist in der Zeitschrift brand.eins erschienen.
Eine Stadt ist nach meiner Definition dann lebenswert, wenn sie das menschliche Maß respektiert. Wenn sie also nicht im Tempo des Automobils, sondern in jenem der Fußgänger und Fahrradfahrer tickt. Wenn sich auf ihren überschaubaren Plätze und Gassen wieder Menschen begegnen können. Darin besteht schließlich die Idee einer Stadt.
Überall in Kopenhagen sieht man Eltern mit Kinderwagen und selbst Fünfjährige auf dem Fahrrad. Kopenhagen ist so sicher, dass wir unsere Kinder auf die Straße schicken. Gleiches gilt für die Älteren, von denen es, wie Sie wissen, immer mehr gibt.
Um das Leben in einer Stadt zu ersticken, gibt es keine effizienteren Mittel als Autos und Wolkenkratzer.
Mehr und breitere Straßen führen zwangsläufig zu mehr Autoverkehr in der Stadt. Weniger Straßen und weniger Parkplätze hingegen schaffen Platz für Radfahrer, Fußgänger, Cafés und Plätze, kurz: das Leben.
Wo eine Stadtplanung den Autofahrern Platz wegnimmt, muss sie sich auf gewaltige Proteste gefasst machen. Deswegen sollte sie behutsam vorgehen. In Kopenhagen hat die Stadtplanung kontinuierlich Jahr für Jahr zwei bis drei Prozent der Parkplatzflächen gestrichen.
Aus unseren Studien wissen wir, dass Kopenhagen heute von jedem in der Stadt geradelten Kilometer netto 23 Cent profitiert. Ein mit dem Auto gefahrener Kilometer hingegen kostet uns unterm Strich 16 Cent.
Tatsächlich zählt Kopenhagens Innenstadt heute viermal so viele Besucher wie vor 40 Jahren. Sämtliche 18 Plätze der Innenstadt sind autofrei, 37 Prozent der Kopenhagener sind mit dem Fahrrad in der Stadt unterwegs, weitere 38 Prozent kommen zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Fast täglich kommen Delegationen aus aller Welt nach Kopenhagen, die von dem Modell lernen wollen.